STRATEGIE

Digitaler Nachlass muss sexy werden

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Über den Tod denkt niemand gern nach. Deswegen sorgt man oft auch nicht vor. Gerade junge Menschen haben aber eine ganz spezielle Art von Nachlass, bei dem viele noch nicht wissen, wie man mit ihm umgeht: den digitalen Nachlass. Sowohl beruflich als auch privat vererben wir Unmengen an digitalen Daten, die außer uns selbst oft niemand mehr überblickt. Wenn wir dafür nicht vorsorgen, hinterlassen wir ungewollt viel Chaos.

Was ist digitaler Nachlass?

Der digitale Nachlass besteht aus den Daten, die man auf seinem Computer oder im Internet hinterlässt, wenn man stirbt – vom unveröffentlichten Manuskript bis zu Accounts auf bekannten Shopping-Plattformen. Im Gegensatz zum physischen Nachlass beinhaltet er zwar auch Vermögenswerte, aber darüber hinaus eine Vielzahl an Rechtspositionen. Dazu zählen beispielsweise Vertragsbeziehungen mit dem E-Mail- oder Host-Provider, mit Anbietern sozialer Netzwerke, Nutzungsrechte an erworbener Software, Urheberrechte an Fotografien oder auch Bitcoins.
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Digitale Vorsorge in Unternehmen.

Der unerwartete Tod eines Mitarbeiters bzw. Kollegen ist eines der schlimmsten Dinge, die im beruflichen Leben eintreten können. Besonders belastend ist dabei die Tatsache, dass früher oder später der Nachlass des Verschiedenen aufgearbeitet werden muss. Das ist nicht nur emotional beklemmend, sondern kann auch in der Umsetzung äußerst komplex sein – insbesondere, wenn es um den digitalen Nachlass geht. Ist die interne Ablage so organisiert, dass nur wenige Daten in allgemein zugänglichen Ordnern abgelegt sind, müssen mit Hilfe des IT-Administrators die letzten Dateien mühsam zusammengesucht werden. Wenn der IT-Administrator selbst der Verstorbene ist, wird es noch schwieriger. Auch in vielen anderen Fällen kann es kompliziert werden, wenn beispielsweise Arbeitsdokumente auf einem privaten Rechner bearbeitet wurden oder umgekehrt private Daten auf dem Arbeitsrechner zu finden sind. Selbstverständlich gibt es spezialisierte Dienstleister, die in solchen Fällen helfen, aber man sollte es erst gar nicht so weit kommen lassen.03_Digitale-Vorsorge-Unternehmen.jpg

Ein gemeinsamer Zugriff auf Arbeitsdokumente ist daher absolut notwendig. Auch ein Notfall-Zugriff auf E-Mail-Konten sollte eingerichtet sein. Ein wichtiger Aspekt ist auch immer die Dokumentation: Wissen die Kollegen Bescheid, wer woran arbeitet und was im Vertretungsfall grob zu tun ist? Diese Dokumentation ist nicht nur für den Todesfall, sondern auch für jeden anderen unerwarteten Ausfall hilfreich.

Etwas schwieriger ist die Vorsorge bei Selbstständigen, die alleine arbeiten. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die Dokumentation sollte so gut aufgebaut und auffindbar sein, dass Hinterbliebene sie ohne Schwierigkeiten finden und verstehen können. 2. Man sucht sich im Freundes- oder Geschäftspartnerkreis eine vertrauenswürdige Person, die man in die wichtigsten Aspekte einführt und auch regelmäßig darüber auf dem Laufenden hält. Beide Methoden sind zwar aufwändig, sorgen aber dafür, dass das Geschäft nach dem Tod ohne größere Katastrophen abgewickelt werden kann. Die entstandene Dokumentation kann auch in anderen Fällen nützlich sein: Sie erleichtert Urlaubsübergaben und ermöglicht auch im Fall plötzlicher Krankheit die reibungslose Fortführung von Projekten.

Digitale Vorsorge als Privatperson

Auch im Privatbereich macht eine digitale Vorsorge Sinn. Denn viele digitale Daten verursachen (regelmäßige) Kosten, vom Spotify-Abo bis zu den Updates der Steuersoftware. Unser »digitales Ich« lebt auch nach dem Tod einfach weiter – auf Facebook werden unsere Freunde immer noch über unseren Geburtstag informiert und auf Xing werden wir weiterhin als Kontakt vorgeschlagen.

Viele Daten zu diesen und anderen Bereichen unseres digitalen Ichs laufen im E-Mail-Postfach zusammen. Wenn der Zugang im Notfall niemandem möglich ist, kann es hohen Aufwand verursachen, vom Anbieter die Zugangsdaten zu erhalten. Noch schwieriger sind die Daten, von deren Existenz niemand außer dem Verstorbenen weiß. Dazu kommt, dass bei vielen Projekten nicht klar ist, was damit geschehen soll – soll die jahrelang gepflegte Website weiterhin bestehen bleiben oder abgeschaltet werden?

04_Digitale-Vorsorge-Privat.jpgWichtig ist also, dass der Zugang zum Mail-Postfach und zu den wichtigsten Diensten geregelt ist und idealerweise letzte Wünsche hinterlegt sind. Das kann man offiziell im Testament festhalten, aber da sich gerade Zugangsdaten oft ändern (sollten), empfiehlt sich hier ein weniger förmliches Vorgehen. Wer diese Angelegenheit lieber auslagert, kann sich an Dienstleister wie exmedio, SOMNITY oder The Vital Things wenden.

Weitere Informationen

Ich selbst bin durch das Projekt digital.danach, bei dem ich anfangs mitgearbeitet habe, mit dem Thema in Kontakt gekommen. Seitdem gibt es in meinen persönlichen Unterlagen Anweisungen dazu, wie im Fall meines Todes mit meinen Blogs, Profilen in sozialen Netzwerken und Fotos verfahren werden soll.

Das Thema »Digitaler Nachlass« bekommt erst seit wenigen Jahren mediale Aufmerksamkeit. Diejenigen, die sich damit auseinandersetzen, kommen aus verschiedensten Bereichen: Juristen, Bestatter, Onliner, Quereinsteiger … Für regelmäßige Infos kann man sich den Newsletter des Infoportals digital.danach abonnieren. Die Betreiber veranstalten auch eine jährliche Konferenz.

autor.

Autorenbild Hanna Hartberger

Beim Jahr 2017 merkte man schnell, dass es politisch denkwürdig werden würde. Hanna wusste, dass sie sich nicht nur wegen berühmter Persönlichkeiten daran erinnern würde. Sie entschied sich nämlich im selben Jahr für einen neuen Karriereschritt und wechselte zu arsmedium ins Content Management.

Wieder zurück in der fränkischen Heimat lebt sie sich hier nun bei verschiedensten Online-Projekten aus. In einem früheren Leben hat sie zwar Buchwissenschaft und Germanistik studiert, aber die Verlockungen des World Wide Web faszinierten sie schon im Studium, bis sie ihnen im Laufe ihres Arbeitslebens völlig erlag. Die zertifizierte Online-Marketing-Managerin ist sowieso der Ansicht, dass zwischen Internet und Verlagswesen keine allzu großen Unterschiede bestehen – guter Content hat in beiden Bereichen die besten Chancen, sich durchzusetzen. Getreu diesem Motto kennt sich Hanna mit Content-Erstellung jeglicher Art aus und stellt den neuen Content am liebsten auch gleich online. Selbst wenn die x-te Änderungsrunde einer Seite diskutiert wird, kann sie das nicht aus der Ruhe bringen, denn:

»Nichts ist beständiger als der Wandel.«
Heraklit, vielleicht auch Charles Darwin

Auch das private Interessenspektrum unserer Allrounderin ist schier unendlich: Es reicht von Fotografie bis Menschenrechte, von Feminismus bis Low-Carb-Backen, von Serien-Binge-Watching bis Bloggen. Und natürlich möchte sie irgendwann die Weltherrschaft erringen.

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