DESIGN STRATEGIE

Psychologische Gestaltungsprinzipien: Wie Design wirkt

ZUR ÜBERSICHT

Dass Werbung, oder noch genauer das Design einer Werbung, einen jeden Menschen innerlich beeinflusst, wissen wir alle. Dass jede:r von uns einmal behauptet hat, man lasse sich von so etwas Banalem nicht manipulieren, ist wohl auch allen schon passiert. Doch was haben all diese Werbungen, Grafiken oder Werbeanzeigen gemeinsam, dass diese letztlich doch eine bestimmte Wirkung auf die Betrachtenden ausüben und eine gewünschte Emotion oder sogar Handlung auslösen? 

Die Antwort lautet: Psychologische Gestaltungsprinzipien.

Diverse Gestaltgesetze rufen bestimmte Wahrnehmungen hervor. Diese Emotionen können unterschiedlich ausfallen. Ob Freude, Trauer, Überraschung oder auch vieles mehr, alles ist dabei möglich. Aufgrund bereits kleiner Veränderungen im Design kann man eine gewünschte Emotion bei dem oder der Betrachter:in hervorrufen. Im Folgenden werden nun ein paar dieser Gestaltgesetze aufgezeigt und näher erläutert.

Das Gesetz der Nähe

Ein sehr bekanntes Gestaltgesetz ist das Gesetz der Nähe. Es besagt, dass Objekte, die in sehr geringen Abständen zueinander stehen, vom Menschen als Gemeinsames gesehen werden. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass Elemente, welche größere Abstände zueinander aufweisen, auch als unabhängig voneinander betrachtet werden.

Dieses Gesetz findet grundsätzlich in jedem Design Anwendung. Durch die unterschiedliche Anordnung der diversen Objekte und Elemente wird bewusst Weißraum geschaffen. Das führt zu einer Ordnung und Orientierung des Inhalts, was beispielsweise oft beim Webdesign genutzt wird, um optisch den Header vom Inhalt und genauso den Inhalt vom Footer zu trennen. Erkennbar ist, dass das Nutzen von Weißraum in keiner Weise verschwendeter Platz ist, sondern viel mehr ein enormes Tool zur Strukturierung des eigenen Designs.

Das Gesetz der Ähnlichkeit

Ähnlich dazu ist auch das Gesetz der Ähnlichkeit, welches beschreibt, dass ähnliche Objekte oftmals automatisch miteinander in Verbindung gesetzt werden. Dabei kann es sich um Elemente ähnlicher Größe, Farbe, Form und vielen weiteren Aspekten handeln. Diese Phänomene bauen darauf, dass jeder Mensch bei jeglicher Situation unbewusst immer möglichst schnell das Gesamtbild von dem, was ihm:ihr vorgelegt wird, verstehen möchte. Deshalb wird unterbewusst versucht, bereits Bekanntes oder Ähnliches zu erkennen und zu verknüpfen, um die Gesamtsituation so schneller einordnen zu können.

Das Gesetz der Geschlossenheit

Ein weiteres bekanntes und gern genutztes Gestaltungsprinzip ist das Gesetz der Geschlossenheit. Auch hier neigt der Mensch dazu, Eigenleistung zu bringen. Der Drang des Menschen ist dabei so stark ausgeprägt, dass in geometrisch angelegten Mustern auch Strukturen als Figuren wahrgenommen werden. Das bedeutet genauer, dass optische Lücken bei Bedarf aufgefüllt werden, um schlussendlich das Muster oder die Form zu vervollständigen. Im Webdesign beispielsweise wird diese Art der Gestaltung gerne herangezogen. Somit werden Elemente zum Beispiel von einer Fläche oder einem Rahmen umschlossen und dadurch vom Menschen als Einheit und geschlossen wahrgenommen.

02-Contentbild-2-3

Die Psychologie der Formen

Nun ist durchgehend die Rede von Elementen und Objekten, doch was genau zählt zu diesen Begriffen und welche Wirkung können die simpelsten Formen auf die Wahrnehmung des Menschen haben? Objekte und Elemente können Formen, Illustrationen, Textblöcke und vieles mehr sein. Die Grundelemente Kreis, Ellipse, Quadrat, Rechteck und Dreieck werden mit bestimmten Eigenschaften assoziiert, die ebenfalls auf die Wirkung des Designs Einfluss haben:

  • Kreis:
    Durch die eben
    e Kurve mit konstanter Krümmung vermittelt die Form eines Kreises wenig Spannung im Vergleich zu einem Rechteck, das Ecken und Kanten aufweist.
    Archetypisch gesehen, werden mit der Form des Kreises die Attribute aktiv, in sich ruhend, harmonisch und dynamisch verbunden.
    Kulturell gesehen, werden mit dem Kreis oftmals die Sonne, der Mon
    d, Punkte, Kugeln, Reifen und vieles mehr in Verbindung gebracht.
  • Ellipse: Anhand der ovalen Form wirkt eine Ellipse dynamischer als ein Kreis, allerdings auch zugleich wackeliger.
  • Quadrat: Durch alle gleich langen Seiten und die rechten Winkel wirkt ein Quadrat stabil, ruhig und statisch. Außerdem wirkt es begrenzend, ausgewogen und vertraut.
  • Rechteck: Wie auch bei der Ellipse wirkt das Rechteck dynamischer als das Quadrat, dennoch sieht ein Rechteck stets stabil, sicher, träge und breit aus.
  • Dreieck: Ein Dreieck wirkt grundsätzlich wegweisend, dynamisch, aufstrebend, kann jedoch allerdings auch schnell sehr aktiv und aggressiv wirken. Ein aufgestelltes Dreieck wirkt hingegen direkt weniger bedrohlich, allerdings zugleich auch sehr instabil.

Schrift und Farbe wählen

Neben solch kleinen Dingen hat der:die Designer:in allerdings auch die Möglichkeit, durch die Wahl bestimmter Gestaltungselemente einen gewissen Stil zu erzeugen, der gegenüber allen Betrachtenden der Grafik übermittelt wird und somit Einfluss auf deren Emotionen und Handeln hat.

Hierbei ist die Rede von der richtigen Wahl bei Schriftart und Schnitt, Farbe, Größe, Deckkraft, u. v. m. Um die Punkte etwas zu verdeutlichen, werden nun ein paar Beispiele angeführt. Beispielsweise werden für einen klassischen oder eleganten Look vermehrt Schriften mit Serifen gewählt, wohingegen für einen lockeren Look oftmals Schriften ohne Serifen und Rundungen gewählt werden:

ElegantLocker

Neben der gewählten Schriftart können beim Gestalten die unterschiedlichen Schriftschnitte etwas Variation in das Design bringen. Neben den klassischen Schriftschnitten »Bold« und »Kursiv« gibt es bei vielen Schriftfamilien noch zahlreiche weitere Schnitte wie »SemiBold«, »Italian«, »Light«, »Regular«, um nur eine kleine Bandbreite an Möglichkeiten aufzuzeigen. So kann der Fokus beispielsweise bei derselben Schriftart dennoch auf bestimmte Worte oder Absätze gelegt werden, wie folgendes Beispiel näher verdeutlicht:

Durch den Schriftschnitt Bold wird in diesem Satz der Fokus auf ein bestimmtes Wort gelegt.

Auch wenn in dem voranstehenden Satz alles in derselben Schriftart geschrieben steht, wird der Fokus automatisch auf das Wort »Bold« gelenkt, da aufgrund des anderen Schriftschnittes ein sichtbarer Unterschied zum Rest vorliegt.

Dasselbe gilt für die Wahl der Farbe. Während Grautöne und sehr dezente, gedeckte Farben einen »teuren« und »seriösen« Look vermitteln, stehen knallige und auffällige Farben oftmals für ein lockeres, modernes und offenes Auftreten.

3_VariantenAuch Größe und Deckkraft finden oft Verwendung. Gern gesehen – wichtige Zahlen und Daten groß hervorgehoben.

100%

Dennoch müssen weitere Punkte bei der Wahl der Farbe beachtet werden. Nicht nur vermitteln die unterschiedlichen Farben, wie oben bereits erwähnt, Emotionen, sondern wichtiger ist dabei noch zu beachten, welche Zielgruppe und vor allem in welcher Region angesprochen werden soll. Je nach Kulturkreis und deren kulturellen Prägungen verändern sich die Bedeutungen und Assoziationen mit Farben und Farbkombinationen.

So hat beispielsweise die Farbe Rot im europäischen Raum eine intensive und warnende Ausstrahlung, wohingegen die gleiche Farbe im asiatischen Raum oft für Glück und Freude steht. Auch die Farbe Grün zeigt große Unterschiede in den unterschiedlichen Kulturkreisen auf. Während die Farbe im asiatischen Raum ein Zeichen für Glück, Jugend und Ruhe ist, steht die Farbe im arabischen Raum für Fruchtbarkeit und Stärke. In den europäischen Regionen hingegen symbolisiert die Farbe Hoffnung und Gesundheit, aber auch die Eigenschaften Neid und Unreife werden häufig damit assoziiert.

02-Contentbild-Feb-28-2022-09-21-13-71-AM

Wie deutlich wird, sind die Empfindungen der Farben sehr unterschiedlich und je nach Herkunftsregion stark verwurzelt. Deshalb muss stets die Wahl der Farbe berücksichtigt werden. Die Farben Rot und Grün waren in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel aus vielen. Farben spielen bei der Wahrnehmung eine enorme Rolle.

Fazit

All diese genannten Prinzipien haben eine Sache gemeinsam. Sie sind alle psychologisch durchdacht und bei richtiger Anwendung der verschiedenen Aspekte kann beim Entwickeln und Kreieren eines Designs von Beginn an festgelegt werden, wie es wirken soll und welche Emotionen es beim Menschen auslösen wird.

Wie die Beispiele verdeutlichen, gibt es Millionen von Möglichkeiten, Grafiken mit demselben Inhalt zu entwickeln. Demnach muss die Wahl der unterschiedlichen Grafikelemente gut überlegt und stetig in Abstimmung mit den Klient:innen getroffen werden. Das Unternehmen selbst entscheidet, welchen Stil es vermitteln will, und somit auch, welche Zielgruppe mit der Kampagne angesprochen werden soll.

Um somit einen Rahmen zum Anfang zu bilden, kann man also behaupten, Werbung und Marketing sei die unbewusste Manipulation der Betrachtenden. Innerhalb des Gabler Wirtschaftslexikons steht als Erläuterung des Wortes »Manipulation« Folgendes geschrieben:

»Steuerung des Verhaltens durch solche Werbung, die vom Individuum nicht bewusst zu kontrollieren ist […]«.

Somit ist schlussendlich zu sagen, dass jeder Mensch bei einem gut gestalteten Konzept oder auch Grafik unbewusst beeinflusst wird. Gestalterische Prozesse können auf diverse Anwendungen, wie die Fotografie, Produkt-, Grafik-, Webdesign, aber auch bis hin zur Architektur und der Malerei, übertragen werden. Denn letztlich sind die menschliche Wahrnehmung und somit die in diesem Zusammenhang stehenden Gestaltungsregeln die Gleichen. 

»Marketing ist die Kunst, Chancen aufzuspüren, sie zu entwickeln und davon zu profitieren.«
– Philip Kotler