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Wer die Wahl hat … Wie finde ich das richtige Grafiktablet?

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»Mein erstes Grafiktablet bekam ich Ende der 90er geschenkt. Marke NoName. Es war etwas größer als DIN A5, hatte futuristisch abgerundete Ecken, war in stylischen Trendfarben gehalten – und nicht zu gebrauchen. Entweder hat es die Eingabe gar nicht erst erkannt, oder kleinste Stiftbewegungen sorgten für lange, fette Ruckel-Linien. Möglichweise hätte ein aktueller Treiber das Problem behoben, nur ließ der sich nicht auftreiben. Das Ding wanderte nach wenigen Versuchen in die Kiste und einige Zeit später in den Elektroschrott.«

Was nichts kostet, taugt nichts?

Aktuell gibt es einige Hersteller, die gute Tablets für deutlich geringere Preise als der Marktführer Wacom herstellen. Trust und Huion sind dabei in Deutschland recht bekannt. Neben dem Vergleich der grundlegenden Leistungsmerkmale lohnt sich der Blick auf Service und Support der neuen und alten Modelle. So werden die Trust-Geräte nur noch über Drittanbieter verkauft und sind nicht mehr im Online-Sortiment des Herstellers. Für das derzeit vom OTTO-Versand angebotene »Trust Flex« wird nur ein Treiber von Ende 2013 angeboten.

Um die einzelnen Geräte vergleichen zu können, sind diese allgemeinen Leistungsmerkmale wichtig:

  • Anzahl der Druckstufen: Je mehr Druckstufen, desto empfindlicher ist die Oberfläche und desto feiner lässt sich die Linienführung steuern.
  • Lesegeschwindigkeit: Je höher die Geschwindigkeit, desto schneller werden die Befehle vom Stift an das Tablet übertragen. Somit werden hässliche Ruckel-Linien vermieden. Diese Geschwindigkeit wird herstellerabhängig in pps (points per second) oder rps (reports per second) angegeben. Beide Angaben sind identisch.
  • Auflösung: Die Auflösung wird bei Zeichentablets in lpi (lines per inch) gemessen. Auch hier gilt: Je höher die Auflösung, desto genauer arbeitet das Tablet. Besonders bei großen Monitoren sollte man auf ein Tablet mit ausreichender Auflösung achten. Allerdings hängt die Auflösung nicht mit der Tabletgröße zusammen. So haben z. B. die Modelle des Wacom IntuosLZPro alle eine Auflösung von 5080 lpi, unabhängig von der Wahl eines Small-, Medium- oder Large-Modells.
  • Wireless: Wer oft unterwegs arbeitet oder das Tablet gern auf dem Schoß ablegt, wird dieses Feature zu schätzen wissen. Zu beachten ist dabei, dass eine Bluetooth-Verbindung etwas mehr Batterieleistung erfordert als eine RF-Verbindung. In beiden Fällen sollte das Tablet zusätzlich über USB betrieben werden können, wenn die interne Stromversorgung in den Streik geht.

Die beste Leistung bringt dabei nichts, wenn der Stift nicht passt.

  • Viele Zeichner bevorzugen Pens mit Gummigrip. Diese werden nicht rutschig und sorgen für einen stabilen Griff.
  • Empfehlenswert ist auch immer ein Stift, der nicht extra mit Strom versorgt werden muss. Einige Geräte nutzen Pens mit AAA-Batteriezellen. Diese machen den Stift schwerer und neigen dazu, immer dann den Geist aufzugeben, wenn sie am dringendsten benötigt werden.
  • Stiftspitzen, die »Nibs«, nutzen sich auch ab. Interessant für Wiederholungstäter daher die Fragen: Wie viele Stifte sind in der Standardlieferung enthalten? Lassen sich die Nibs leicht tauschen? Wo kann ich sie nachkaufen und wie teuer wird das?

Wacom wirbt zudem mit der Neigungsempfindlichkeit der Intuos Pro-Pens. Damit steuert man die Linie nicht nur mit dem Andruck, sondern gleichzeitig mit Neigungswinkel. Für einige professionelle Anwender ist das ein nützliches Feature, benötigt jedoch einiges an Fingerspitzengefühl und wird von vielen nicht genutzt.

Je öfter und ausgiebiger das Zeichentablet genutzt wird, desto wichtiger wird passendes und aktuelles Zubehör.

  • In jedem Fall sollten aktuelle Treiber und Nibs auch noch einige Jahre nach Kauf verfügbar sein. Hier lohnt sich ein Blick in den Support-Bereich des Herstellers.
  • Gern nutzt sich auch die Zeichenoberfläche ab. Oder das Kind kratzt mit einem Baustein darüber. In solchen Fällen ist es gut, wenn man Overlays nachkaufen kann.

Wer beim digitalen Zeichnen das »traditionelle Malerlebnis« vermisst, kann bei einigen Herstellern alternative Stifte oder Nibs erhalten, die z. B. Faserstifte, Pinsel oder auch Airbrushpistolen simulieren. In der Regel ist die Standardausstattung aber völlig ausreichend.

Fazit: Wer nicht die höchsten Ansprüche an sein Tablet stellt, kann einige Kosten sparen, wenn er sich bei günstigeren Anbietern umsieht und ein paar Abstriche in der Leistung macht. Wer keine Lust darauf hat, Hersteller zu vergleichen, macht mit einem Wacom nichts verkehrt.

 

»Als ich ein paar Jahre später »dieses Digital-Painting« ausprobieren wollte, musste doch wieder ein Tablet her. Dieses Mal wollte ich keine halben Sachen machen und dachte mir: »The bigger the better!«. Ein gebrauchtes Wacom Intuos2, CAD Ausgabe. Arbeitsfläche A2. Ich habe es vom ersten Augenblick an geliebt. Die Druckempfindlichkeit war geradezu perfekt für mich, die Übertragung der Bewegung auf Photoshops Benutzeroberfläche fließend und punktgenau. Der Pen kam ohne Batterien aus und hat diverse Stürze und Heimtierattacken locker weggesteckt. Einziger Nachteil: 100LZcm Kantenlänge. Auf diesem Monster konnte ich bei geschickter Bauweise nicht nur mein Notebook abstellen, sondern auch noch den Kaffee inkl. Untertasse und den Pizzateller. Nach ein paar Monaten hatte ich meine »Maushand« gegen eine »Tennisschulter« getauscht.«

 

The bigger, the better?

Beim Grafiktablet ist die Position des Stiftes auf der aktiven Zeichenfläche immer fix. Links oben auf dem Tablet ist immer auch links oben auf dem Monitor, rechts unten immer rechts unten. Wie kurz oder lang die Linie am Ende wird, hängt vom Verhältnis der Tabletgröße zur Monitorauflösung ab.
So ergibt ein Strich mit dem Pen auf einem kleinen Monitor eine längere Linie als auf einem großen.

vgl

Dennoch kann man sich bei der Wahl der Tabletgröße eher nach dem Einsatzzweck als der Monitorauflösung richten.

 

Typischer Einsatz kleiner Tablets
(ca. 150 x 95 mm aktive Fläche)

  • Als ergonomischer Mausersatz zum Schonen des Handgelenks
  • Für kleinere handschriftliche Notizen in elektronischen Dokumenten
  • Für alle, die oft mit dem Tablet unterwegs sind und somit Platz und Gewicht sparen wollen. Für einen durchschnittlich großen Laptop mit 1920 x 1080 Display ist ein kleines Tablet vollkommen ausreichend.

Wer mit einem sehr kleinen Tablet und einem großen Monitor arbeiten möchte, sollte auf eine möglichst hohe Auflösung beim Tablet achten.

Typischer Einsatz eines mittelgroßen Zeichentablets
(ca. 220 x140 mm aktive Fläche)

  • Gut geeignet für die meisten Anwendungen
  • Erlaubt Zeichnern und Illustratoren größere und damit natürlichere Bewegungen beim Arbeiten
  • Kann mit entsprechend großer Tasche auch noch mobil genutzt werden

Typischer Einsatz großer Tablets
(ca. 325 x 200 mm aktive Fläche)

  • Geeignet für alle, die gern Bewegungen mit dem ganzen Arm machen
  • Für Illustratoren, die ihre Arbeiten zuerst auf traditionellen Medien zeichnen und sie dann mittels Tablet übertragen

Bei großen Tablets sollte man beachten, dass zusätzlich zur aktiven Zeichenfläche noch Rahmen und Platz für evtl. Funktionstasten kommen. Diese Tablets benötigen viel Platz und sind relativ schwer und unhandlich.

Fazit: Ein mittelgroßes Tablet ist für die meisten Anwendungen und Anwender geeignet. Wer wenig Platz auf dem Schreibtisch hat oder oft unterwegs ist, sollte sich auch die kleineren Modelle ansehen. Wer gern mit ausholenden Gesten arbeitet oder Zeichnungen abpausen möchte, kann die größeren Varianten ins Auge fassen. Sinnvoll ist aus meiner Sicht auch, gleich ein Widescreen-Tablet zu kaufen, wenn hauptsächlich mit Widescreen-Monitoren gearbeitet wird.

 

»Seit meinem ersten Wacom gerate ich bei jeder neuen Intuos (Pro) Generation in Verzückung. Das Intuos3 wurde direkt gegen ein Intuos4 getauscht. Version 5 wurde übersprungen, aber beim Anblick der neuen Modelle fühle ich mich wie ein Argonaut beim Meet & Greet mit den Sirenen. Für ein Cintiq würde ich meine Oma verkaufen – diese Währung akzeptieren die Japaner zum Glück nicht.«

 

Tablet Light oder eierlegende Wollmilchsau?

Abhängig davon, wie intensiv das Tablet genutzt wird und welchen Arbeitsansprüchen es genügen muss, kann man einige Abstriche in Leistung und Zusatzfeatures machen.

Ich suche ein Zeichentablet, um mein Handgelenk zu schonen.

  • Eine kleines Tablet mit mittlerer Auflösung ist ausreichend (ab 2400 lpi)
  • Ebenso genügt eine durchschnittliche Anzahl der Druckstufen (1024)
  • Wireless-Support ist hier sinnvoll, da es sich geradezu anbietet, es auch mobil am Laptop einzusetzen
  • Ein Standard-Pen mit Standardspitzen ist ausreichend

Ich bin Hobby-Zeichner und möchte das digitale Zeichnen mit kleinem Budget nur mal ausprobieren.

  • Je nach Budget und Anbieter ein kleines bis mittelgroßes Modell
  • Durchschnittliche Anzahl der Druckstufen (1024) genügt noch
  • Die Auflösung sollte hier mindestens 2500 lpi betragen
  • Der Standard-Stift ist ausreichend
  • Funktionstasten sind nicht nötig

Speziell für diesen Fall lohnt sich ein Vergleich zwischen den günstigeren Anbietern. So bietet z. B. Huion einige Modelle, welche preislich mit dem Wacom Intuos vergleichbar oder günstiger sind, dabei jedoch mehr Druckstufen und eine höhere Auflösung bieten. Allerdings liegt in der Regel keine Software bei.

Ich möchte mit dem Tablet am Computer zeichnen und illustrieren. Dabei wird das Tablet oft zum Einsatz kommen und mir helfen, effektiv zu arbeiten.

  • Ein mittelgroßes Modell ist meist die richtige Wahl
  • 2.048 Druckstufen und eine Auflösung von 5.000 lpi sind vollkommen ausreichend
  • Funktionstasten sind hier sinnvoll, um Standardbefehle (Speichern, Transformieren, Pinselgröße ändern) schnell erreichen zu können

Hier sollte man jetzt Wert auf die Verarbeitung von Tablet und Pen legen. Der Stift sollte gut in der Hand liegen, nicht zu schwer sein und ohne zusätzliche Batterien auskommen. Die Verarbeitung des Tablets sollte solide sein und den täglichen Einsatz überstehen können. Zusätzlich sollte man sich im Vorfeld informieren, ob Zeichenoberfläche, Pen und Penspitzen ersetzt werden können.

Ich bin Profi-Anwender, arbeite täglich mit dem Gerät und verfüge über ein hohes Budget.

Ein Display-Tablet von Wacom aus der Cintiq-Reihe (Sorry, Oma). Herausragende Technik mit vielen Extras und richtig gutem Service. Mit dem Kauf eines Cintiq Companions würde ich allerdings noch warten. Diese scheinen softwareseitig noch aus den Kinderkrankheiten herauswachsen zu müssen.

Fazit: In den meisten Fällen ist für Zeichner, Animatoren oder Grafikdesigner ein kleines oder mittleres Grafiktablet die richtige Wahl. Wer es sich leisten kann, sollte gleich auf eine Auflösung von 5.000 lpi und 2.048 Druckstufen achten. Die meisten professionellen und semi-professionellen Anwender schwören auf den Marktführer Wacom. Wer sich aber noch nicht sicher ist, wie lange das Tablet im Einsatz bleibt, oder es nur sporadisch nutzt, kann Abstriche machen und auf die günstigeren Modelle zurückgreifen.